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Niedersächsische Ministerin für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung
Familie in Niedersachsen Statistische Ämter des Bundes und der Länder

Wirtschaft und Erwerbstätigkeit

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stellt die gesamte Wirtschaftsleistung eines Landes oder einer Region dar. Es ist aber wie das ebenfalls von den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) berechnete verfügbare Einkommen kein direkter Wohlfahrtsindikator, weil das BIP keine Auskunft darüber gibt, wie es verteilt wird. Außerdem umfasst ein komplexer Begriff wie "Wohlfahrt" auch nichtfinanzielle Komponenten der Lebensqualität. So werden zum Beispiel die unentgeltliche Familienarbeit der Pflege, Betreuung und Kindererziehung sowie ehrenamtliche Tätigkeiten im BIP nicht berücksichtigt. Allerdings kann Wirtschaftswachstum auch einen gesellschaftlichen Strukturwandel ermöglichen, Arbeitsplätze sichern sowie neue schaffen und zur Stabilisierung der Sozialsysteme beitragen.

Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Niedersachsen war 2019 vor dem Corona-Jahr 2020 noch positiv. Real, also preisbereinigt, stieg das BIP gegenüber dem Vorjahr um 0,9% und damit etwas stärker als das gesamtdeutsche BIP (+0,6%). Die Zahl der Erwerbstätigen kletterte indes auf ein neues Hoch von 4,15 Millionen (am Wohnort: 4,0 Millionen). Einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung gingen 3,1 Millionen Menschen (Wohnort in Niedersachsen am 30.6.2019) nach.

Allerdings befanden sich insgesamt 763.000 Kernerwerbstätige (Erwerbstätige ohne Auszubildende oder Personen in Bildung) in einem atypischen Beschäftigungsverhältnis, was etwa jeder fünften Person unter den 3,6 Millionen Kernerwerbstätigen im Alter von 15 bis unter 65 Jahren entsprach. Sie arbeiteten also in Teilzeit mit weniger als 21 Wochenstunden, befristet oder nur geringfügig beschäftigt oder als Zeitarbeitnehmerin beziehungsweise -nehmer, was zumeist einhergeht mit relativ niedrigen Einkommen und schließlich mit einer mehr als dreieinhalb Mal so hohen Armutsgefährdung im Vergleich zu Beschäftigten in einem Normalarbeitsverhältnis. Bei den Männern war etwa jeder achte atypisch beschäftigt (12,1%), bei den Frauen betraf dies dagegen fast jede dritte (32,0%; 533.000 Personen) Erwerbstätige, wobei die absolute Zahl bei den Frauen innerhalb von fünf Jahren um 6,3% zurückgegangen ist und bei den Männern um 11,1% zugenommen hat.

Die Diskrepanz zwischen Frauen und Männern bei dem Indikator "atypische Beschäftigung" stellt klar geschlechtsspezifische Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt heraus. Dabei lag 2019 die Erwerbsbeteiligung der Frauen (71,9%) in Niedersachsen trotz langfristiger Zunahme noch deutlich unter der Erwerbsbeteiligung von Männern (80,0%).

Mit Blick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fallen die Unterschiede dabei umso größer aus: Einer aktiven Erwerbsbeteiligung von 83,6% bei den Vätern stand 2019 eine aktive Erwerbsbeteiligung von 62,6% bei den Müttern gegenüber. Auf Zehnjahressicht stieg die Quote unter den Müttern zwar um 3,1 Prozentpunkte, was so auch als Beleg für eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf gelten kann. Innerhalb der Paarfamilien zeigt sich jedoch ein differenzierteres Bild der Verteilung der Erwerbstätigkeit wie aus einer Sonderauswertung für das Berichtsjahr 2018 hervorgeht: Zwar wuchs der Anteil der Elternpaare von 2008 bis 2018, bei denen beide Elternteile aktiv erwerbstätig waren aufgrund der gestiegenen Frauenerwerbstätigkeit um 4,0 Prozentpunkte auf 57,0%. (Siehe Lehmann, Arne: Erwerbstätigkeit von Müttern und Vätern in Niedersachsen 2018, in: Statistische Monatshefte Niedersachsen (Landesamt für Statistik Niedersachsen) 6/2020, S. 266.)

In knapp drei Vierteln dieser Familien arbeitete allerdings nur der Vater in Vollzeit (74,0%) und gleichzeitig die Mutter in Teilzeit. Die umgekehrte Konstellation gab es dagegen nur in 1,8% der Familien mit zwei erwerbstätigen Elternteilen. Dass beide Elternteile gleichzeitig einer Teilzeittätigkeit nachgingen, kam lediglich bei 2,9% der Familien vor. In etwas mehr als einem Fünftel (21,3%) der Familien arbeiteten beide Elternteile in Vollzeit.

Quelle: Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, HSBN 2021