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Niedersächsische Ministerin für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung
Familie in Niedersachsen Statistische Ämter des Bundes und der Länder

Überschuldung und Verbraucherinsolvenzen

Für viele überschuldete Privatpersonen ist ein Insolvenzverfahren unumgänglich, um die eigene finanzielle Situation wieder in den Griff zu bekommen. In Niedersachsen gab es 2020 insgesamt 6.762 solcher Verbraucherinsolvenzen. Ein Jahr zuvor waren es noch 9.247. Der deutliche Rückgang um 26,9% ist wohl damit zu erklären, dass viele überschuldete Personen auf das "Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens" gewartet haben. Dieses sieht für ab Oktober 2020 beantragte Insolvenzverfahren eine schrittweise Reduzierung der vorgeschriebenen Wohlverhaltensphase
von sechs auf drei Jahre vor. Der starke Rückgang war somit auch nur vorrübergehend: Im Jahr 2021 vergrößerte sich die Zahl der Verbraucherinsolvenzen nämlich gegenüber 2020 um 73,5% auf 11.733. Die Zahlen dieser beiden Einzeljahre sind daher wenig aussagekräftig. Im Zweijahresdurchschnitt 2020 und 2021 ergaben sich mit 9.248 Verbraucherinsolvenzen fast exakt so viele wie im Jahr 2019. Je 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner kamen in Niedersachsen 2020/2021 insgesamt 11,6 Insolvenzen. Dies war hinter Bremen immer noch der zweithöchste Länderwert.

In der Statistischen Region Hannover wiesen bis auf Diepholz alle Landkreise überdurchschnittlich hohe Verbraucherinsolvenzquoten auf. In den anderen Statistischen Regionen war das Bild weniger eindeutig. Die niedersachsenweit meisten Insolvenzen pro Kopf verzeichnete die kreisfreie Stadt Wilhelmshaven (23,5), die Grafschaft Bentheim die wenigsten (4,4). Die durchschnittlichen Forderungen je Fall betrugen im Land rund 33.000 Euro (Bundesdurchschnitt: 43.000 Euro).

Ob das Verfahren zum Erfolg führte und die Schuldnerinnen und Schuldner von der Restschuld befreit wurden, kann erst am Ende des sieben Jahre dauernden Verfahrens festgestellt werden. (In der Regel dauert die Wohlverhaltensphase sechs Jahre, nach der anschließend eine richterliche Entscheidung zur Restschuldbefreiung zu fällen ist.) Für die 13.738 Privatpersonen, deren Insolvenzverfahren
2011 eröffnet wurde, traf dies bis Ende 2018 auf 87,2% zu.

Hilfe können Schuldnerinnen und Schuldner sich bei 264 niedersächsischen Schuldnerberatungsstellen einholen, die vom Land entsprechend der Fallpauschalen nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) finanziert werden. 2020 wurden hier hochgerechnet 84.072 Personen beraten, wovon aber nicht zwangsläufig alle überschuldet waren. Als Hauptauslöser für Überschuldung galten nach den Daten der Schuldnerberatungsstellen Arbeitslosigkeit (22,8%), Trennung, Scheidung oder Tod der Partnerin oder des Partners (12,9%), Erkrankung, Sucht, Unfall (15,7%), unwirtschaftliche Haushaltsführung (12,3%) und gescheiterte Selbstständigkeit (6,8%). 8,8% der Befragten nannten ein längerfristiges Niedrigeinkommen als Hauptauslöser.

Von den Beratenen waren 41,1% arbeitslos und 22,2% anderweitig nicht erwerbstätig. Mit 48,8% hatten fast die Hälfte der Beratenen keine Berufsausbildung, und etwas mehr als ein Drittel (36,0%) waren jünger als 35 Jahre. Die durchschnittliche Schuldenlast lag bei 26.067 Euro. Das entsprach dem 24-fachen der durchschnittlichen monatlichen Einkünfte der beratenen Personen (Überschuldungsintensität).

Definition des Indikators: Bei natürlichen Personen liegt Überschuldung vor, wenn es der betroffenen Person nicht möglich ist, ihre Schulden innerhalb eines überschaubaren Zeitraums unter Einsatz vorhandenen Vermögens und freien Einkommens zu bezahlen, ohne dabei die eigene Grundsicherung zu gefährden. Erst wenn keine gütliche Einigung mit den Gläubigerinnen beziehungsweise Gläubigern zu erreichen ist, können sich Schuldnerinnen und Schuldner durch ein Verbraucherinsolvenzverfahren von der Restschuld nach einer Wohlverhaltensperiode von sechs Jahren befreien. Wenn die Gläubigerinnen beziehungsweise Gläubiger 35% ihrer Forderung mit der Insolvenzeröffnung erhalten, ist dies nach drei Jahren möglich oder nach fünf Jahren, wenn die Verfahrenskosten abgetragen werden.

Methodische Hinweise: Da nicht alle überschuldeten Personen die Dienste von Schuldnerberatungsstellen beanspruchen, ist die Gesamtzahl der überschuldeten Personen oder Haushalte in der Statistik untererfasst

Weiterführende Informationen: Anhang, www.statistik.niedersachsen.de > Themen > Unternehmen Gewerbeanzeigen, Insolvenzen; und Haushalte und Familien, Mikrozensus Statistischer Bericht O IV - j / 2018 Überschuldung

 

Quelle: Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, HSBN 2022